Stolperfallen bei der
Vereinbarung erhöhter Haftung des Frachtführers

Stolperfallen bei der Vereinbarung erhöhter Haftung des Frachtführers
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27.04.2021 | Zum Urteil I ZR 130/19 vom 17. Dezember 2020 des deutschen Bundesgerichtshofs.

Die CMR sieht eine verschuldensunabhängige, aber der Höhe nach begrenzte Haftung des Frachtführers vor: Art. 23 Abs. 3 CMR regelt:
Die Entschädigung darf jedoch 8,33 Rechnungseinheiten für jedes fehlende Kilogramm des Rohgewichts nicht überschreiten.
Die erwähnte Rechnungseinheit ist nach Art. 23 Abs. 7 CMR das Sonderziehungsrecht, eine künstliche Rechnungseinheit, deren Kurs jeden Tag vom Internationalen Währungsfonds festgesetzt wird. Der Wert eines Sonderziehungsrechts schwankt derzeit um den Wert von ca. 1,30 CHF.

 

Ähnliche Haftungsgrenzen finden sich in vielen Klauselwerken, etwa in Art. 25 Spedlogswiss.

 

Übersteigt der Wert der transportierten Güter diese Haftungsgrenze, so können die Vertragsparteien des Transportvertrags entweder nach Art. 24 CMR einen Wert des Frachtgutes im Frachtbrief angeben. Dann gilt diese Wertangabe als Haftungshöchstgrenze. Oder die Parteien können nach Art. 26 CMR „durch Eintragung in den Frachtbrief den Betrag eines besonderen Interesses an der Lieferung festlegen.“ Letztere Lösung erlaubt auch die Überwälzung von Folgeschäden wie beispielsweise solche infolge verspäteter Lieferung.


Im konkreten Fall war streitig, ob die Haftungsgrenzen Anwendung finden oder ob die Parteien eine Haftungserhöhung konkludent vereinbart hatten. Grundlage des Frachtvertrags waren die «Allgemeinen Vertragsbedingungen Kunst» (im Folgenden: AVK), die ebenfalls Haftungshöchstbeträge sowie deren vertragliche Modifizierung vorsieht. Punkt 5.6 dieser Bedingungen lautet (Zitat nach BGH):


5.6 Der Auftraggeber kann gegen gesondertes Entgelt höhere als die in Ziffer 5.1 bis 5.5 dieser Vertragsbedingungen geregelten Höchstbeträge schriftlich im Vertrag vereinbaren, und zwar sowohl für Güterschäden, Güterfolgeschäden als auch reine Vermögensschäden.


(Die Beklagte) besorgt die Versicherung des Kunstgegenstandes, zum Beispiel eine Transport- oder Lagerversicherung, nur aufgrund einer schriftlichen Vereinbarung unter Angabe der Versicherungssumme und der zu deckenden Gefahren. Im Zweifel entscheidet (die Beklagte) nach pflichtgemäßem Ermessen über Art und Umfang der Versicherung und schließt sie zu marktüblichen Bedingungen ab. Für die Versicherungsbesorgung steht (der Beklagten) eine besondere Vergütung und Ersatz (ihrer) Auslagen zu.

 

Im konkreten Fall hatte die Frachtführerin ihrer Auftraggeberin gemäss Nr. 5.6 der «Allgemeinen Vertragsbedingungen Kunst» eine Transportversicherung über 200.000.- Euro besorgt; die Entscheidung, ob eine solche Versicherung abgeschlossen werden sollte, oblag dabei entsprechend der erwähnten AGB-Klausel der Auftraggeberin.

 

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