Startklar für Industrie 4.0

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Bei Premium AEROTEC sind rund 30 Bearbeitungsmaschinen mit Tool-ID Schreib-/Leseköpfen und Auswerteeinheiten BIS V ausgestatt
23.10.2017 | Tool-ID von BALLUFF ist für Premium AEROTEC Schlüsseltechnologie bei der Bearbeitung von Flugzeugkomponenten.

Werkzeugcodierung mittels RFID wird nicht erst seit Industrie 4.0 erfolgreich eingesetzt. Premium AEROTEC, einer der weltweit führenden Tier-1-Lieferanten für Flugzeugstrukturen, nutzt diese Schlüsseltechnologie schon seit Jahrzehnten zur Qualitäts- und Prozesssicherung. Das heute im gesamten Bereich der zerspanenden Fertigung eingesetzte Tool-ID-System von BALLUFF schafft allerdings die Voraussetzung für eine intelligente Vernetzung, mit dem Potenzial den Werkzeugeinsatz zunehmend zu optimieren und letztlich Prozesse resp. Produktqualitäten immer weiter zu verbessern.      
 
Die zerspanende Bearbeitung von Flugzeugstrukturbauteilen ist eine der Königsklassen der Branche. Das liegt zum einen daran, dass hierfür modernste und oft schwer zerspanbare Werkstoffe verwendet werden. Neben anspruchsvollen Aluminiumlegierungen stellen Materialien wie Titan oder Kohlenstofffaserverbundstoffe (CFK) hohe Anforderungen. Andererseits handelt es sich vorzugsweise um dünnwandige Bauteile, denn schließlich ist in der Luft- und Raumfahrt Gewichtsreduzierung oberstes Gebot, bei gleichzeitig höchster Festigkeit und Steifigkeit der Komponenten. „Strukturbauteile aus Leichtmetalllegierungen haben oft hoch komplexe Freiformflächen und schwierigste Hinterschneidungen. Die sogenannte HPC-Zerspanung, sprich das High Performance Cutting, stellt dabei hohe Anforderungen hinsichtlich Präzision und Prozesssicherheit“, erklärt Daniel Weishaupt, der Leiter Werkzeugaufbereitung/-kommissionierung bei Premium AEROTEC in Augsburg. Damit ist in erster Linie die prozesssichere Einhaltung enger Toleranzen im Bauteil gemeint. „Grundvoraussetzung dafür ist allerdings, dass die Werkzeugparameter exakt und fehlerfrei in die Bearbeitungsmaschine übernommen werden“, ergänzt Weishaupt und spricht die Hauptmotivation an, ein Werkzeugidentifikationssystem einzusetzen.
 
Der generelle Vorteil von solchen Systemen wie Tool-ID von BALLUFF ist die Übertragung von werkzeugrelevanten Daten über ein hochfrequentes, elektromagnetisches Wechselfeld zwischen einem am Werkzeug fest montierten Datenträger und einer Schreib-/Leseeinheit. Die sogenannte Radio Frequency Identification (RFID) sichert die eindeutige Zuordnung des Werkzeugs. Mit Hilfe von RFID-Schreib-/Lesegeräten können Werkzeugdaten, z.B. am Werkzeugeinstellgerät, auf den Datenträger am Werkzeug geschrieben und z.B. in der Werkzeugmaschine ausgelesen werden. Außerdem lassen sich, etwa nach einem Werkzeugeinsatz in der Maschine, relevante Daten wie Standzeiten wieder auf den Datenträger zurückschreiben. Die automatische Verarbeitung der Daten gewährleistet, dass alle Daten immer korrekt und stets aktuell vorliegen. Aus diesem Grund hat Premium AEROTEC die Werkzeugeinstell- und -messgeräte von Zoller sowie rund 30 Bearbeitungsmaschinen mit Tool-ID-Schreib-/Leseköpfen sowie Auswerteeinheiten von BALLUFF ausgestattet. „Wir konnten das System in allen Steuerungen unserer unterschiedlichen Maschinen problemlos integrieren“, bestätigt Weishaupt. Die Integration wurde unter anderem von der Firma Erhardt + Leimer Automatisierungstechnik GmbH aus Augsburg durchgeführt. Das Unternehmen ist Spezialist für Systemlösungen und Automatisierungstechnik in laufender Fertigung und hat dafür nur rund 12 Wochen benötigt. Die BIS M-Schreib-/Leseköpfe sind in unterschiedlichsten Bauformen, Abmessungen - z. B. als Rund-/Stabantenne verfügbar, sodass die vielfältigen Anforderungen in den unterschiedlichen Bearbeitungsmaschinen bei Premium AEROTEC gelöst werden konnten.


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Bei Premium AEROTEC sind rund 30.000 Werkzeuge in den Werkzeugaufnahmen mit BIS M-Datenträgern von BALLUFF ausgestattet.
Einen maßgeblichen Anteil an der schnellen Integration von Tool-ID in die laufende zerspanenden Fertigung bei Premium AEROTEC haben die hier verwendeten Auswerteeinheiten BIS V, die frequenzübergreifend kommunizieren können. D.h., mit diesen Controllern lassen sich niederfrequente Systeme (LF, 70…455 kHz), die vor allem in der Metallumgebung besonders robust und zuverlässig sind und hochfrequente Systeme (HF, 13,56 MHz), zeitgleich betreiben. Für den Einsatz bei Premium AEROTEC war jedoch die Schnittstellenvielfalt dieser Auswerteeinheiten entscheidend für die Integration in die unterschiedlichen Maschinen. Es stehen alle weltweit gängigen Bus-Systeme für den industrieunabhängigen Einsatz wie Profibus, Profinet, EtherCAT, CC-Link sowie Ethernet/IP-Varianten, zur Verfügung. Außerdem gibt es einen Webserver für Ethernet-basierte Schnittstellen. Darüber hinaus ermöglichen Funktionsblöcke vieler gängiger Steuerungshersteller den schnellen Einsatz.      
 
Die vorhandenen Werkzeuge, respektive die Werkzeugaufnahmen, wurden seitlich mit sogenannten Tags, den Datenträgern, ausgestattet. Hier verwendet Premium AEROTEC die Datenträger vom Typ BIS M. Diese arbeiten mit einer Frequenz von 13,56 MHz und sind auf unendlich viele Schreib-/Lesezyklen ausgelegt. „Wir haben uns für die BIS M Version entschieden, weil diese Tags den offenen, normierten RFID-Standards ISO 15693 und ISO 14443A entsprechen und Hersteller unabhängig am Markt verfügbar sind“, ergänzt Weishaupt, der darin eine Sicherheit für seine Fertigung sieht. Insgesamt werden derzeit um die 30.000 Werkzeuge so verwaltet.
 
Ebenso wichtig ist Weishaupt die hohe Übertragungsgeschwindigkeit bei großen Datenmengen, mit der das RFID-System BIS M punktet. „Auch dies trägt dazu bei, dass heute der Ausleseprozess um 30 Prozent schneller ist“, bestätigt Weishaupt.


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Die BIS M-Datenträger von BALLUFF in den Werkzeugaufnahmen entsprechen den offenen, normierten RFID-Standards ISO 15693 und ISO 14443A.
Der erste Anspruch mit der RFID-Werkzeugidentifikation, das Handling der werkzeugspezifischen Daten zu automatisieren und sicher zu machen, wird bereits seit Jahren erfüllt. Exakt übermittelte Werkzeugabmessungen und Einsatzparameter sowie erfasste Stand-, resp. Resteinsatzzeiten gewährleisten sichere Prozesse. „Die Erfassung der Laufzeiten von Werkzeugen ist dabei von enormer Wichtigkeit“, erklärt Weishaupt: „Verschleiß bewirkt steigende Zerspankräfte und führt am Werkstück zu Geometrieabweichungen. Besonders kritisch ist die dabei entstehende, sogenannte Oberflächenzerrüttung als Folge von thermischen und mechanischen Wechselbelastungen, die zu nicht reparablen Beschädigungen am Bauteil führen können.“ Oberflächenzerrüttungen in Zerspanungswerkzeugen entstehen nach einer längeren Einsatzzeit, während derer eigentlich noch kein Verschleiß messbar ist. Sie machen sich in Form von Rissen bemerkbar, die sich ausbreiten. Gefügeveränderungen und Ermüdungserscheinungen können zum Abtrennen von Partikeln führen, die ihrerseits das Bauteil beschädigen können. Werkzeugverschleiß wie z.B. die Abrasion führt zu erhöhten Zerspankräften. Die Werkzeugschneide kann den erhöhten Zerspankräften nicht standhalten. Es kommt zu Werkzeugbrüchen, die auch das Bauteil beschädigen können.
 
Die oft extrem teuren Bauteile im Wert von mehreren tausend oder gar zigtausend Euro, machen diese Problematik deutlich. Aus diesem Grund wird jedem Werkzeug über den Datenträger an der Werkzeugaufnahme eine maximale Standzeit mitgegeben, die auf Erfahrungswerten basiert.
 
Über die Festlegung von Werkzeugeinsatzzeiten hinaus, bieten die BIS M-Datenträger mit ihrer eindeutigen Ident-Nummer das Anlegen einer sogenannten Lebensakte für die Werkzeuge wie es Weishaupt nennt. Die Unique ID dieser Datenträger ist nur les- und nicht veränderbar. Sie schafft die Möglichkeit, eine Rückverfolgbarkeit im Sinne der Qualitätssicherung für die Bauteile zu gewährleisten sowie den Werdegang eines jeden Werkzeuges zu dokumentieren. Die zentrale Speicherung und Auswertung der Werkzeugdaten in einem Werkzeugmanagement-System öffnet zukünftig vielfältige Ansätze, den Werkzeugeinsatz weiter zu optimieren. Damit ist Tool-ID von BALLUFF eine Schlüsselkomponente der intelligent vernetzten Fertigung bei Premium AEROTEC, die so längst startklar ist für Industrie 4.0.
 
 
Premium AEROTEC
Der Luftfahrtzulieferer Premium AEROTEC zählt zu den weltweit führenden Unternehmen in der Entwicklung und Herstellung von Flugzeugstrukturen. An seinen Standorten Augsburg, Bremen, Nordenham, Varel und Brasov (Rumänien) entstehen modernste Flugzeugstrukturen aus Aluminium, Titan und Kohlenstofffaserverbundstoffen (CFK) für die gesamte Airbus-Familie. Darüber hinaus leistet Premium AEROTEC einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung und Herstellung der A350 XWB. Zudem liefert das Unternehmen Bauteile für die Boeing 787 „Dreamliner”, den Eurofighter sowie die A400M. Premium AEROTEC erzielte im Jahr 2016 einen Umsatz von 2 Milliarden Euro.

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