Robuste Antriebe für Kanalroboter

Robuste Antriebe für Kanalroboter
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Kanalrobot
08.12.2017 | Zuverlässigkeit und Vielfalt am unterirdischen Einsatzort.

Wir alle kennen die Beeinträchtigungen, wenn sich ein Bautrupp an der Kanalisation zu schaffen macht: Die Straße bleibt über Tage, Wochen oder gar Monate aufgerissen, Verkehr und Geschäfte leiden, Lärm und Schmutz beherrschen die Szene. Kanalroboter, die heute bereits viele Arbeiten an den unterirdischen Rohren der urbanen Infrastruktur übernehmen können, schaffen hier Abhilfe. Die Antriebe der Roboter müssen dabei allerdings ganz unterschiedliche Aufgabenstellungen meisten und den hohen Anforderungen des unterirdischen Einsatzorts zuverlässig gewachsen sein.


Allein in Deutschland hat das öffentliche Kanalnetz eine Gesamtlänge von rund 500.000 Kilometern, auf Privatgrundstücken kommen noch etwa 780.000 Kilometer hinzu. Weltweit sind also viele Millionen Kilometer Kanäle in Schuss zu halten. Früher musste man unterirdische Leitungen dazu über weite Strecken freilegen, um einen Schaden überhaupt lokalisieren zu können. Heute übernehmen Kanalroboter die Begutachtung von innen ganz ohne Bauarbeiten (Bild 1). „Es gibt inzwischen viele verschiedene Arten von Kanalrobotern“, erklärt Regina Kilb, die beim Antriebsspezialisten FAULHABER dieses wachsende Marktsegment analysiert hat. „Die Geräte für Rohre mit kleinen Durchmessern, meist kürzere Hausanschlüsse, hängen beispielsweise an einem Leitungsstrang. Sie werden bewegt, indem man diesen Strang auf- oder abrollt. Ausgestattet sind sie in der Regel lediglich mit einer schwenkbaren Kamera zur Schadensanalyse. Bei größeren Rohrdurchmessern können dagegen auf Fahrwagen montierte Maschinen mit zusätzlichen multifunktionalen Arbeitsköpfen eingesetzt werden, die auch gleich Reparaturarbeiten ausführen können. Solche Roboter gibt es inzwischen sowohl für horizontale als auch für vertikale Rohre.“


Kompakte Motoren für das Fahrgestell


Die am häufigsten verwendeten Roboter sind für die gerade, waagerechte Fahrt in Kanälen mit nur leichtem Gefälle konstruiert. Diese selbstfahrenden Roboter bestehen aus einem Fahrgestell – meist ein flacher Wagen mit mindestens zwei Achsen – und einem Arbeitskopf mit integrierter Kamera. Andere Varianten sind „bogengängig“, können also auch um Kurven fahren. Hinzu kommen Roboter, die sich sogar in senkrechten Rohren bewegen können, weil sie ihre Räder oder Kettenlaufwerke von innen gegen die Rohrwand drücken. Eine bewegliche Aufhängung des Fahrgestells zentriert dann das Gerät in der Rohrmitte, die Federung gleicht Unebenheiten sowie geringe Querschnittsveränderungen aus und sorgt für die nötige Traktion.


Solche und ähnliche Roboter werden nicht nur in der Kanalisation, sondern auch in industriellen Rohrleitungssystemen eingesetzt, etwa in der Chemie, Petrochemie oder Öl- und Gasindustrie. „Die Anforderungen an die Motoren in den Fahrgestellen sind sehr hoch“, betont Regina Kilb. „Sie müssen das Gewicht der Kabel ziehen, die sie mit Strom versorgen und die Kamerabilder übertragen. Dafür müssen die Motoren bei möglichst kleinen Abmessungen sehr hohe Leistung bringen.“


Sehr unterschiedliche Antriebsaufgaben


Kanalroboter können mit sehr vielseitigen Arbeitsköpfen für selbsttätige Reparaturen ausgestattet sein. So beseitigen sie etwa durch Fräsen und Schleifen Hindernisse, Verkrustungen und Ablagerungen oder einen überstehenden Muffenversatz. Kleine Löcher in der Rohrwand verspachteln sie mit einer mitgeführten Dichtungsmasse oder bringen eine Absperrblase in das Rohr ein. Bei Robotern für größere Rohre ist der Arbeitskopf auf einem beweglichen Arm montiert.


In einem solchen Kanalroboter werden normalerweise vier verschiedene Antriebsaufgaben gelöst: Räder oder Kettenlaufwerk sorgen für die Fortbewegung, Werkzeuge müssen von den Werkzeugarmen positioniert und auch selbst angetrieben werden und die Kamera muss geschwenkt und gedreht werden, damit sie verschiedene Blickwinkel liefern kann. Bei einigen Modellen realisiert dann noch ein weiterer Motor die Einstellung des Kamerazooms.


In der Kamerahalterung ist es eng


Die Kamerahalterung bietet nicht viel Platz, deshalb werden an dieser Stelle besonders kleine Motoren benötigt, die außerdem sehr präzise arbeiten müssen. Dafür kommen zum Beispiel die flachen und mit 12 mm extrem kurzen edelmetallkommutierten DC-Getriebemotoren der Serie 1512 SR oder auch größere Modelle der Serie 2619 SR in Frage. In dem breiten Sortiment von FAULHABER finden sich für solche Einsatzfälle aber auch Schrittmotoren oder bürstenlose Antriebe ab einem Durchmesser von 3 mm sowie die dazu passenden Getriebe. „Diese Antriebe erreichen im Verhältnis zu ihrer Größe die höchste Effizienz und Energiedichte, die derzeit am Markt verfügbar ist“, ergänzt Regina Kilb.


Wenn schwere Lasten bewegt werden müssen


Das Design des Fahrantriebs variiert, denn entweder der ganze Wagen, jede Achse oder jedes einzelne Rad kann von jeweils einem Motor bewegt werden. Der oder die Motoren müssen nicht nur das Fahrgestell samt Aufbauten an den Einsatzort bringen, sondern neben dem Elektro- und Datenkabel oft auch schwere pneumatische oder hydraulische Leitungen mitziehen. Bei einer Reichweite von bis zu 2.000 Meter ergibt das eine Schleppe von beträchtlichem Gewicht. „Der Antrieb muss also ein sehr hohes Drehmoment entwickeln“, erläutert die Vertriebsingenieurin. „Zugleich passiert es aber unweigerlich immer wieder, dass die Fahrt wegen eines Hindernisses ins Stocken gerät. So kommt es regelmäßig zur Überlast bei voller Drehzahl. Wir empfehlen für diese Einsatzart z.B. die grafitkommutierte Serie 3257 CR mit dem 32/3R Getriebe oder das bürstenlose Kraftpaket 2264 BP4. Der Motor kann mit radialen Pins ausgestattet sein, um die Aufhängung zu sichern und die bei Überlast entstehenden Kräfte aufzunehmen.


Der Motor für den Roboterarm braucht weniger Kraft als der Radantrieb und hat mehr Platz als die Kameraführung. Die Anforderungen an ihn sind nicht ganz so hoch, wie an die anderen Antriebsstränge im Kanalroboter. „Für diese Aufgabe haben wir eine große Palette von Standardmotoren zur Verfügung“, so Regina Kilb weiter. „Darunter findet sich für jede Variante die optimale Lösung.“


Reparaturarbeiten im Kanalnetz


Beschädigte Kanalrohre werden heute häufig nicht ausgetauscht, sondern von innen mit Kunststoff ausgekleidet. Dafür wird ein Kunststoffschlauch mit Luft- oder Wasserdruck in das Rohr gepresst. Um den weichen Kunststoff auszuhärten, wird er anschließend mit UV-Licht bestrahlt. Dafür gibt es wiederum spezialisierte Roboter, die mit Hochleistungslampen bestückt durch die Rohre fahren. Nach ihnen muss aber der Vielzweckroboter mit Arbeitskopf anrücken, um die seitlichen Öffnungen des Rohrs aufzufräsen. Denn der Schlauch hat zunächst alle Zu- und Abgänge der Leitung mit abgedichtet. Bei einem solchen Einsatz wird oft über Stunden eine Öffnung nach der anderen in den harten Kunststoff gefräst. Hier sind Standzeit und Zuverlässigkeit der Motoren von entscheidender Bedeutung, damit ohne Unterbrechung durchgearbeitet werden kann. Die Antriebe für die Werkzeuge müssen trotz ihrer kleinen Abmessungen Spitzenleistungen bringen. Für zupackendes Greifen oder stundenlanges Fräsen werden Motoren gebraucht, die besonders viel Kraft aufbieten und über lange Zeit störungsfrei arbeiten können. Der bürstenlose Motor 2057 BHS in 2-Pol-Technik ist z.B. für solche Fräsköpfe entwickelt worden und erreicht Drehzahlen über 35.000 U/min.


„Die Hersteller von Kanalrobotern finden bei uns eine Produktpalette, die für all die unterschiedlichen Aufgaben in diesem Segment einen passenden Motor bietet. Das gilt sowohl im Hinblick auf Leistung und Effizienz als auch auf die Robustheit“, so Regina Kilb abschließend. Außerdem steht der Antriebsspezialist als Entwicklungspartner zur Verfügung, wenn spezifische Lösungen für besondere Anforderungen gebraucht werden. Die robusten Antriebslösungen tragen damit ihren Teil dazu bei, dass immer mehr Kanalarbeiten ohne Bautrupps automatisiert und unterirdisch direkt im Rohr ausgeführt werden können.


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Rubriken: Antriebstechnik

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