PER PLUG & AND-PLAY IN DIE CLOUD

PER PLUG & AND-PLAY IN DIE CLOUD
Grossansicht Bild
20.09.2021 | Die Schweizerische Post ist die weltweit erste Anwenderin des IIoT-plug-and-play-Moduls Dataeagle 7500 ME. Im Briefsortierzentrum Eclépens wird die Schnittstelle in die Cloud von Murrelektronik dazu genutzt, den Aufwand für Wartung und Instandhaltung zu reduzieren.

Der japanische Koloss im Briefzentrum Eclépens ist einzigartig. «Alles was grösser und dicker als das Format C5 ist und nicht über die Standardanlagen sortiert werden kann, muss hier durch», erklärt Nicolas Wüst von der Schweizerischen Post und ergänzt: «Wenn die Briefsortiermaschine von NEC ausfällt, können wir nicht einfach auf eine andere Maschine ausweichen.» Daher wachen der tech- nische Leiter, der die französisch- und die italienischsprachigen Kantone verantwortet, und seine Kollegen mit Argusaugen über den Japaner.

 

Unterhaltskosten zwingen zum Handeln

 

Nun ist es nicht so, dass die Briefsortiermaschinen mit ihrer Verfügbarkeit von 99,8 Prozent allenthalben ausfallen würden! Tritt diese Wahrscheinlichkeit von 2 Promille jedoch zu einem ungünstigen Zeitpunkt ein, beispielsweise spätabends, ist die komplette Prozesskette unterbrochen. «Alleine die erforderliche Kalibrierung für einen Neustart dauert nach einer Störung 45 Minuten», sagt Nicolas Wüst. Diese Dreiviertelstunde kann bereits genügen, um die Briefzustellung um einen Tag zu verzögern. Für den Empfänger hat es nicht wirklich grosse Auswirkungen, wenn ihn ein Werbeprospekt oder die Zahlungsaufforderung der kantonalen Steuerbehörde einen Tag später er - reicht! Problematisch wird es jedoch, wenn Wahlunterlagen aufgrund einer Störung liegen bleiben. «In einem solchen Fall können wir die Ursache für die Annullierung einer Abstimmung sein», beschreibt Nicolas Wüst den schlimmsten Fall der Fälle.

 

Um dieses Szenario zu vermeiden, betreibt die Post einen entsprechend grossen Aufwand. Neben vorbeugender Wartung zählt zu den Vorsichtsmassnahmen auch ein umfangreiches Ersatzteillager. Umfangreich deshalb, weil allein in der NEC über 30 Steuerungstypen verbaut sind. Diese Vielfalt erschwert die Ersatzteilbeschaffung und treibt die Lagerhaltungskosten in die Höhe.


Kamera reduziert Wartungsaufwand

 

Aber auch die vorbeugende Wartung ist ein schwerwiegender Kostenfaktor. Deutlich wird das am Beispiel der Förderbehälter in der Sortiermaschine. Diese fahren auf Gummirollen durch die Maschine und öffnen sich, sobald sie an der Stelle mit der entsprechenden Postleitzahl angelangt sind. Weil die Rollen auf ihrer endlosen Fahrt durch die NEC einem enormen, aber ungleichen Abrieb unterliegen, müssen diese in regelmässigen Abständen ausgetauscht werden. Unterbleibt dies, können sich die Briefbehälter verkanten und so die Anlage blockieren.


«Daher haben wir bisher alle Gummirollen nach einem bestimmen Intervall präventiv ausgetauscht», sagt Nicolas Wüsts Kollege David Pancella. Bei 580 Förderbehältern mit je sechs Rollen eine zeitaufwendige und sehr teure Angelegenheit. Aber nur so, versichert der Diplom-Techniker, konnte man ei[1]nen kontinuierlich, sicheren Betrieb der Anlage gewährleisten. Da aber auch die Schweizerische Post als ein selbstständiges Unternehmen des öffentlichen Rechts wettbewerbsfähig sein muss, war dieser Wartungsansatz ohne Zukunft.

 

Daher überlegten sich die Verantwortlichen, wie es schneller und vor allem kostengünstiger gehen könnte. Die Lösung fand sich in einer Hochgeschwindigkeitskamera, die den Umfang der Gummirollen im Vorbeifahren ermittelt. Anstatt 3480 Rollen prophylaktisch auszutauschen, gehen beim nächsten Wartungsintervall jetzt nur noch die Behälter aus dem Umlauf, die wirklich einen Radwechsel benötigen.


Redundanz durch Cloudanbindung

 

Weil das für ein ausfallskritisches System alleine nicht genügt, überlegte sich David Pancella, wie sich eine zusätzliche Sicherheitsebene einbauen liesse? «Als wir das Projekt gestartet haben, war uns zwar das Ziel bekannt, der Weg dorthin aber nicht», sagt er rückblickend. Weil er für sich selbst keinen richtig überzeugenden Weg finden konnte, zog er Murrelektronik hinzu. «Wir arbeiten seit vielen Jahren miteinander und konnten in dieser Zeit ein sehr gutes Vertrauensverhältnis aufbauen», so David Pancella.

 

Die Anfrage bei Murrelektronik erwies sich für David Pancella als ein Glücksfall! Der schwäbische Hersteller elektrischer und elektronischer Automatisierungstechnik hatte zu diesem Zeitpunkt gerade die Entwicklung einer Schnittstelle begonnen, welche die Daten aus dem industriellen Umfeld in die Cloud bringt – und so wurde die Schweizerische Post zum ersten Anwender des «Dataeagle 7500 ME». Diese kompakte Komponente wird als zusätzlicher Feldbusteilnehmer in ein Profinet- oder Ethernet/IP-Netz eingebunden und überträgt die Daten übers Mobilfunknetz in die von Murrelektronik bereitgestellte Cloud. Der Vorteil dieser Methode: Der Datentransfer erfolgt unabhängig von der am Einsatzort vorhandenen IT-Infrastruktur.

 

Ohne Hardware in die Cloud

 

Im Briefzentrum Eclépens werden die ausgelesenen Umfangswerte der Räder nun auf einer zentralen Recheneinheit gespeichert, wo ein Minimalwert für den Rollenumfang hinterlegt ist. Wird dieser Schwellwert unterschritten, setzt die Cloud eine Fehlermeldung ab. Dazu sagt Michael Mayer, der das Projekt von Seiten Murrelektronik begleitete: «Die Cloud basiert auf einem Plug-and-play-System und bedarf keinerlei Hardware. Der Dataeagle 7500 ME muss lediglich installiert werden, die Datenübertragung in die Cloud erfolgt dann automatisch.»

 

Und wie ist man bei der Schweizerischen Post als weltweit erste Anwenderin mit dem Dataeagle 7500 ME zufrieden? «Wir sind noch am Testen, machen aber dank der Unterstützung von Murrelektronik sehr gute Fortschritte», sagt David Pancella und versichert: «Wenn das System auch die übrigen Tests bestanden hat, spricht nichts gegen dessen Rollout auf die anderen Briefsortierzentren in Zürich-Mülligen und Härkingen. Im Moment sieht es zumindest sehr gut aus.»


Post CH AG | www.post.ch      
Murrelektronik GmbH | www.murrelektronik.com

 

 

Von Markus Back (Text) und Ruben Sprich (Fotos)


Bewertung Ø:
   
Meine Bewertung:

Fragen und Kommentare (0)