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No boring jobs

 An bereits 6'500 Stellen hat das Kölner Unternehmen igus seine Produktion und Logistik mit Low-Cost-Automation-Komponenten automatisiert.
20.06.2025 | Wie der Kunststoffspezialist igus Produktion und Logistik kostengünstig automatisiert.
Sie legen Bauteile in Spritzgussmaschinen ein, entfernen den Anguss, bohren und bedrucken Bauteile, unterstützen die Montage von Energieketten und transportieren Behälter: Aus der Produktion von igus sind Roboter, autonome Fahrzeuge und andere Automationslösungen nicht mehr wegzudenken. An bereits 2'500 Stellen hat das Kölner Unternehmen mit Low-Cost-Automation-Komponenten automatisiert – und zeigt damit beispielhaft auch anderen Unternehmen, wie sie ihre Prozesse kostengünstig und unkompliziert automatisieren können. Einige der Lösungen unter 20'000 Euro amortisieren sich bereits nach zwei Monaten.
Von hunderten Kilogramm schweren Energieketten bis hin zu wenigen Gramm leichten Gleitlagern: Wann immer es um Bauteile aus Hochleistungskunststoff geht, ist das Kölner Unternehmen igus weltweit eine gefragte Adresse. Allein am Hauptsitz in Köln betreiben die Rheinländer über 1'000 Spritzgussmaschinen, die jährlich über eine Milliarde Teile produzieren. Doch der Unternehmenserfolg ist kein Selbstläufer. Auch igus sieht sich mit Herausforderungen konfrontiert, weiss Alexander Mühlens, Prokurist und Leiter Geschäftsbereich Low-Cost-Automation bei igus: "Es wird unter anderem zunehmend schwerer, Menschen für Routinetätigkeiten zu begeistern, etwa für das Einlegen von Bauteilen in Spritzgussmaschinen. Wir haben deshalb eine Initiative namens ‚No boring jobs' gestartet, die monotone Tätigkeiten automatisiert. Wir setzen mittlerweile an über 2'500 Stellen in Fertigung und Logistik erfolgreich Roboterlösungen ein. Wir können somit trotz Arbeitskräftemangel erfolgreich weiterproduzieren und uns gleichzeitig darauf konzentrieren, wertvolle Mitarbeiter für anspruchsvollere Tätigkeiten weiterzubilden."
So gut wie alle Automationslösungen seien dabei laut Mühlens überdurchschnittlich kostengünstig. Denn igus bedient sich ausschliesslich an Komponenten, die auf RBTX.de zu finden sind. Ein Online-Marktplatz, auf dem das Unternehmen Low-Cost-Automation-Komponenten von über 130 namhaften Herstellern anbietet, die sich ganz einfach nach dem Baukastenprinzip kombinieren lassen – immer mit Kompatibilitätsgarantie. Das Motto lautet: Robotik für Jedermann, auch für kleine Mittelständler mit kleinen Budgets und wenig Automationserfahrung. "Unsere Fabrik ist der beste Beweis dafür, dass wir unseren eigenen Low-Cost-Produkten vertrauen", betont Mühlens.
Roboter entfernen Anguss an rund 1'000 Spritzgussmaschinen
Auf Low-Cost-Automation setzt igus beispielsweise bei den Spritzgussmaschinen. Ein 'boring job' ist es hier, den sogenannten Anguss von Spritzgussteilen zu entfernen. Anguss bezeichnet den Kunststoff, der im Kanal erstarrt, durch den der erhitzte, flüssige Kunststoff in die hohle Spritzgussform fliesst. Nach dem Abkühlen bleibt dieses überschüssige Material mit dem Bauteil verbunden. Das Material zu entfernen und in einem Recyclingbehälter zu sammeln, war bislang eine langweilige und mühevolle Handarbeit. igus hat sie deshalb mit verschiedenen Lösungen automatisiert. Der Standard-Angusspicker fährt zwischen die Spritzguss-Werkzeughälften und greift sich den Anguss, während die Artikel auf ein Förderband ausgeworfen werden. Eine weitere Lösung ist die Angusstrennung direkt hinter der Spritzgussmaschine. Unter dem Ausfallschacht der Maschine ist eine rotierende Scheibe positioniert, auf welche die frisch gegossenen Bauteile fallen. Eine Kamera identifiziert die Position der Bauteile, sodass sie ein Low-Cost-Portalroboter, der sich in drei Achsen entlang präziser Linearführungen bewegt, mit einem Greifer aufnehmen kann. Zwei Bürsten entfernen dann den Anguss vom Artikel, der anschliessend in eine Kiste fällt. Darüber hinaus findet auch eine nachgelagerte Angusstrennung statt. Hier werden die Artikel an der Spritzgussmaschine in Kisten gesammelt und später in einer Pick-and-Place-Zelle vom Anguss getrennt. "Mithilfe dieser Lösungen haben wir es geschafft, die Angussentfernung an unseren rund 1'000 Spritzgussmaschinen kostengünstig zu automatisieren", sagt Mühlens. "So ein komplettes System, das ausschliesslich aus Komponenten des RBTX-Marktplatzes besteht, kostet knapp 10'000 Euro und somit einen Bruchteil der Kosten einer marktüblichen Automationslösung."
Gelenkarmroboter ReBeL bohrt und bedruckt Bauteile
Doch nicht nur das Entfernen der Angüsse ist eine ermüdende Routinetätigkeit. Eine anstrengende Handarbeit ist beispielsweise auch das Bohren von Gewinden in Gelenkköpfe aus Hochleistungskunststoff – über 20'000-mal am Tag. Um diese Arbeit in Maschinenhand zu geben, vertraut igus auf den ReBeL, einen kompakten und kostengünstigen Cobot, den das Unternehmen für einfache Automatisierungsaufgaben entwickelt hat. Der schwarz-orangene Gelenkarm ist fast vollständig aus Hochleistungskunststoff gefertigt, wiegt nur 8,2 Kilogramm und kann Lasten von bis zu zwei Kilogramm handhaben. Der Cobot, der mittlerweile auch die Lizenz besitzt, ohne Schutzumhausung in der Umgebung von Menschen zu arbeiten, nimmt die Gelenkköpfe mit einem Greifer von einer rotierenden Scheibe und hält sie unter einen Gewindebohrer. Zum Einsatz kommt der Gelenkarmroboter zudem bei der Markierung von Halbzeugen an Extrusionsanlagen. Ausgestattet mit einer kompakten, röhrenförmigen Tintenstrahl-Druckeinheit an der Roboterhand kann der ReBeL bis zu 16 Kavitäten bedrucken. "Auch für diese Lösung sind alle Komponenten auf dem RBTX-Marktplatz erhältlich. Der Preis für eine Komplettlösung mit zusätzlichen Greifern und Vision-Systemen liegt bei rund 20'000 Euro", sagt Mühlens und betont, dass die Programmierung der Bewegungsabläufe ein Kinderspiel sei. "Die Software igus Robot Control verfügt über einen virtuellen Zwilling, über den sich Bewegungsbahnen in wenigen Minuten festlegen lassen – ganz ohne Programmierkenntnisse."
Deltaroboter Robofeed unterstützt die Montage von e-ketten
Zu den Produkten von igus, die in Industrien auf der ganzen Welt zum Einsatz kommen, zählen auch Energieketten – flexible Systeme aus Hochleistungskunststoff, die Leitungen und Schläuche schützen und führen, um eine sichere Energie- und Datenübertragung in Maschinen und Anlagen zu gewährleisten. Für die Montage dieser e-ketten nutzt igus seit einigen Jahren Montageautomaten, welche die einzelnen Kettenglieder verbinden. Um sie dem Automaten zuzuführen, hat das Unternehmen Deltaroboter installiert. Diese spinnenähnlichen Roboter arbeiten mit drei Gelenkarmen, die an einer festen Basis befestigt sind und sich synchron bewegen, um ein Greifwerkzeug präzise in drei Dimensionen zu positionieren. Sie erkennen mit einer Kamera die Kettenglieder, die ein Bunkerförderer vorvereinzelt und die dann mit einer rotierenden Scheibe vom Anguss getrennt werden. Die Deltaroboter greifen sie und führen sie der Montagemaschine zu. Je nach Artikel schaffen sie eine Zykluszeit von zwei Sekunden. "Durch die Automatisierung reduzieren wir körperlich belastende und monotone Arbeit, sodass sich unsere Mitarbeitenden auf anspruchsvollere Aufgaben konzentrieren können", sagt Mühlens. "Der Preis für das System liegt inklusive Schutzumhausung bei knapp 45'000 Euro. Der Return of Invest ist somit in der Regel in einem Dreivierteljahr erreicht."
Raumportale übernehmen Beladung von Spritzgussmaschinen
Es gibt noch weitere Kandidaten auf der "No boring Jobs-Liste" von igus. Einer davon: Das Einlegen von Produkten in Spritzgussmaschinen. Ein Beispiel hierfür sind drylin Linearschlitten aus Stahl, die als Einlegeteile in der Spritzgussmaschine eine zusätzliche Kunststoffschicht erhalten. Früher mussten Mitarbeiter die Produkte in die Maschine einlegen und eine Prozesszeit von 40 Sekunden abwarten – und das hundertfach am Tag. Heute übernimmt diesen Job ein Low-Cost-Portalroboter namens iSPEL von igus. Die Abkürzung steht für igus Spritzgusseinleger. Die Lösung funktioniert wie folgt: Die Linearschlitten lagern als Schüttgut in einem Behälter. Ein Stufenförderer transportiert die Schlitten auf eine Rutsche, über welche sie auf einer rotierenden Einheit landen, die für eine Vereinzelung sorgt. Eine Kamera erkennt die Position der Teile aus der Vogelperspektive, sodass ein Sauggreifer, der sich in drei Achsen entlang von Linearführungen bewegt, jeweils vier Teile auflegen und in einer Übergabestation ablegen kann. Ein zweiter Portalroboter legt diese dann in die Spritzgussmaschine ein. Die Projektkosten für diese Art von Raumportalen liegen in der Regel bei rund 22'000 Euro. Alternativ eignet sich laut Mühlens für Beladearbeiten der robolink, ein Gelenkarmroboter, der bei igus zum Beispiel kleine Kugelkalotten in Spritzgussmaschinen einlegt.
Einige Lösungen amortisieren sich bereits nach zwei Monaten
Mühlens ist überzeugt: Die Automation bei igus steht erst am Anfang. Der Robotik-Experte träumt von humanoiden Robotern, die sich in Zukunft in der Produktion so frei bewegen wie menschliche Kollegen und die gesamte Infrastruktur nutzen können – von der Türklinke bis zum Touchscreen für die Maschinensteuerung. Ein Zwischenschritt auf diesem Weg ist der ReBeL Move, ein flaches, autonomes Fahrzeug, das beispielsweise Behälter mit Spritzgussteilen huckepack nehmen und befördern kann. Doch trotz dieser Fortschritte sollen die Lösungen stets eines bleiben: kostengünstig. "Viele grosse Unternehmen investieren mehrere hunderttausend Euro in die Automation und rechnen mit einer Amortisation innerhalb von zehn Jahren", sagt Mühlens. igus und RBTX folgten einem anderen Ansatz. "Wir ermöglichen es mit unserem Low-Cost-Baukastenprinzip, viele kleine Prozesse unkompliziert und günstig zu automatisieren. Wir streben immer einen Return-on-Invest von weniger als zwölf Monaten an. Einige unserer Lösungen unter 20'000 Euro amortisieren sich bereits nach zwei Monaten. Mit diesen Preisen machen wir es möglich, dass auch kleinere Unternehmen von Robotik profitieren und so ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken können."
Zum RBTX-Marktplatz: https://rbtx.ch/de-CH

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