Industrialisierung der Satelliten

Industrialisierung der Satelliten
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13.11.2018 | Bei der Nutzung des Weltalls mittels Satelliten standen bislang wissenschaftliche, kommunikative und militärische Aspekte im Vordergrund. Dies ändert sich inskünftig massiv. Ganze Schwärme von Kleinsatelliten sollen den Globus umkreisen und die Menschheit mit Internet aus dem Orbit versorgen.

Am 4. Oktober 1957 starteten die Sowjets vom Weltraumbahnhof Baikonur den ersten künstlichen Erdsatelliten mit einer modifizierten Interkontinentalrakete R-7: den Sputnik 1. Der Weltraumpionier war gerade mal 83.6 kg leicht. Sein Sender hatte eine Leistung von 1 Watt. Und dennoch führte dieser Sputnik 1 zu einem veritablen Sputnik-Schock. Sein unvergessliches Piepen versetzte den Westen in Panik. Chruschtschow hatte das Rennen ins All für sich entschieden.
Mit diesem ersten Satelliten haben die uns mittlerweile vertrauten Kommunikations-, Wetter- oder Spionagesatelliten nur mehr wenig gemeinsam. Es handelt sich um meist tonnenschwere High-Tech-Ungetüme, deren Herstellung ein Vermögen kostet. Und dabei bleibt es ja nicht. Der Satellit will in seine Umlaufbahn gebracht werden. Hierfür braucht es eine Trägerrakete. Und die sind (noch) richtig teuer! Die Preise der etablierten Modell-Familien Ariane, Atlas oder Sojus schwanken bei den nutzlaststärkeren Versionen zwischen 60 und 170 Mio. US Dollar. Umgerechnet ergibt dies einen Kilopreis von zwischen 4000 und 8000 US Dollar. Die Kosten hängen also enorm von der Masse des Satelliten, der gewünschten Orbitalhöhe und der Wahl der Trägerrakete ab.


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HCF
Zuverlässigkeit und neue Player
Wer zig Millionen für den Bau eines Satelliten ausgibt, möchte diesen selbstredend nicht bereits Sekunden nach dem Start in einem Feuerball abschreiben müssen. Nicht alle Trägerraketen bieten dieselbe Zuverlässigkeit. Für den Transport von Astronauten/Kosmonauten zur internationalen Raumstation ISS wird aktuell einzig die russische Sojus verwendet.
Doch neue Player sind daran, das Geschäft mit Trägerraketen für kommerzielle Satelliten zu revolutionieren: SpaceX etwa will das Feld mit der teilweise wiederverwendbaren Falcon 9 aufmischen. Zu Preisen, bei denen die Europäer und Russen nicht mithalten können. Die Idee ist grundsätzlich jedoch weder neu, noch sind die SpaceX-Ingenieure die einzigen, die an dieser kostensenkenden Technologie arbeiten. Auch Europa, Russland und Amazon-Gründer Jeff Bezos (Blue Origin) arbeiten an ähnlichen Konzepten. Erste Gehversuche in diese Richtung machten aber bereits die Sowjets vor Jahrzehnten mit ihrer Trägerrakete Energija, deren Nachfolger Energija 2 vollständig wiederverwendbar hätte sein sollen. Das Ende der Sowjetunion bedeutet aber auch das Aus für die finale Entwicklung dieser Konstruktion.

Anzahl Satelliten
Aktuell befinden sich deutlich weniger als 2000 Satelliten im Erdorbit. Dabei handelt es sich fast ausschliesslich um Satelliten, welche zu grossen Teilen staatlich finanziert sind. Solche Satelliten sind meist sehr aufwändig gebaut und sollen eine lange Lebensdauer (>15 Jahre) aufweisen. Entsprechend wird bei der Wahl der verbauten Komponenten grösstes Augenmerk auf maximale Zuverlässigkeit gelegt.
Doch dies soll sich sehr bald ändern. Die Kommerzialisierung des Orbits steht an. Mehr als ein Dutzend verschiedenster Firmen (OneWeb, SpaceX, Blue Origin, Virgin Galactic, Google, Boeing, Samsung u.v.a.) wollen ganze Schwärme von Klein- und Kleinstsatelliten in Höhen zwischen 600 und 10‘000 km platzieren. Werden alle diese Projekte tatsächlich vollumfänglich realisiert, so dürften in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren weit über 10‘000 zusätzliche Satelliten hinzukommen. Es wird also eng im Orbit.
Ziel dieser Kleinsatelliten ist praktisch ausschliesslich eine Breitband-Internet-Verbindung. Jederzeit, überall und schnell.
OneWeb plant dafür 900 Satelliten ein. Der gebürtige Südafrikaner Elon Musk setzt noch einen drauf. Sein SpaceX Starlink-Konzept beinhaltet bereits 4425 Satelliten. Noch ein wenig ambitiöser, aber weniger weit gediehen, ist Samsungs Plan eines weltumspannenden Internets aus dem Orbit. Die Südkoreaner wollen dafür 4600 Satelliten einsetzen.  

Geostationäre Satelliten
Ein geostationärer Satellit ist ein Erdsatellit, der sich auf einer Kreisbahn knapp 36‘000 km über der Erdoberfläche über dem Äquator befindet. Dort befindet sich die geostationäre Umlaufbahn (GEO). Das bedeutet, ein dort stationierter Satellit bewegt sich mit einer Winkelgeschwindigkeit von einer Erdumrundung pro Tag und folgt der Erdrotation mit einer Eigengeschwindigkeit von etwa 3 km/s. Dadurch befinden sich geostationäre Satelliten idealerweise immer über demselben Punkt. Beispiele dafür sind Kommunikations-, TV- oder Wettersatelliten.


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MGA-A

LEO und MEO
Die neuartigen Kleinsatelliten werden sich auf sehr viel tieferen Umlaufbahnen bewegen. Das bedeutet zum einen, dass sie nicht fix über einem Punkt platziert sind, zum anderen aber auch, dass es sehr viel weniger Energie braucht, sie auf diese Umlaufbahn zu hieven. Zudem sind kurze Distanzen für eine Internetverbindung massiv schneller. Das Signal muss weniger Wegstrecke zurücklegen.
Als LEO (Low Earth Orbit) bezeichnet man Umlaufbahnen zwischen 200 und 200 km Höhe. Für einen Umlauf um die Erde benötigen LEO-Satelliten nur rund 100 Minuten. Die Sichtbarkeit und damit der Funkkontakt zu einer Bodenstation beträgt höchstens 15 Minuten pro Umlauf. Diese kurze Zeitspanne ist denn auch der Grund für die grosse Anzahl an Satelliten für die jeweiligen Satelliten-Internet-Konzepte, welche wohl allesamt nach dem Peer-to-Peer-Prinzip arbeiten.
Den Bereich zwischen LEO und GEO nennt man MEO (Medium Earth Orbit). Genutzt wird er etwa für globale Kommunikationssatellitensysteme wie Globalstar oder Navigationssatelliten wie GPS, Galileo oder GLONASS.

Energieversorgung im All
Damit ein Satellit seinen Aufgaben auch nachkommen kann, braucht er Energie. Die Energieversorgung im All ist anspruchsvoll, und je nach Einsatzzweck und Missionsdauer kommen die unterschiedlichsten Technologien zum Einsatz. Die beiden gebräuchlichsten sind hierbei die chemische in Form von Batterien (Primärzellen) und die Solarenergie. Kernenergie in Form von Radionuklidgeneratoren wird vor allem bei Satelliten eingesetzt, die sich von der Sonne entfernen oder bei denen Solarzellen nicht die benötigte Leistung liefern können.
Praktisch alle geostationären und die meisten Forschungssatelliten verwenden also Solarmodule zur Energieversorgung. Zumeist wird die Solar-Energieversorgung mit Unterstützung durch Sekundärzellen (Akkumulatoren oder Brennstoffzellen) realisiert, wenn im erdnahen Raum ausreichende Helligkeit der Sonne vorhanden ist. Die Energieversorgung besteht normalerweise aus vier Subsystemen: der Energieerzeugung, Energieumwandlung, Energiespeicherung mit der entsprechenden Lade- und Entladeelektronik (Balancing) und der Energieverteilung.
Als Sekundärzellen werden hauptsächlich Nickel-Cadmium-, Nickel-Wasserstoff- und immer häufiger Lithium-Ionen-Akkumulatoren eingesetzt. Die Lebenszeit der Akkus hängt neben der Einsatzzeit vor allem von der Anzahl Ladezyklen, der Entladetiefe und dem Entladestrom ab. Dabei sinken in Abhängigkeit von diesen Werten die Nennkapazität und die Nennspannung im Laufe der Zeit, während der Innenwiderstand der Zellen steigt. Der Betrieb der Zellen ausserhalb der spezifizierten Einsatzparameter kann die Lebensdauer stark verkürzen oder sogar zu deren Zerstörung (Explosionsgefahr bei Li-Ion-Zellen bei Überladung) führen. Genau wie bei E-Automobilen bestehen die Akkumulatoren aus einer Vielzahl an Zellen in Reihen- und Parallelschaltung. Balancing-Systeme sorgen beim Lade- und Entladevorgang dafür, dass die Parameter bei allen Zellen eingehalten werden.

Spannungsversorgung der Satelliten
Im Gegensatz zum Sputnik 1 sind die geostationären wie auch die neuartigen Kleinsatelliten vollgepackt mit modernster Elektronik. Sie müssen möglichst klein, möglichst leicht und dennoch besonders leistungsfähig sein. Das reduziert die Kosten für den Transport in den Orbit und ermöglicht erst ihre korrekte Funktion. Im Gegenzug muss Hochleistungselektronik auf geringstem Volumen Platz finden. Enorm hohe Leistungsdichten mit ihren bekannten Problemen sind die Folge.
Die hohe benötigte Leistung wird insbesondere durch eine Erhöhung der Betriebsspannung erreicht. Betriebsspannungen bis gegen 400 VDC werden Standard. Hohe Spannungen haben den Vorteil geringerer Verluste, da die Ströme bei gleicher Leistung deutlich geringer ausfallen. Dies wiederum bedeutet, dass die Verkabelung dünner und somit leichter ausfallen darf. Jedes Kilogramm zählt und ist bares Geld wert.

Spezialist für Sicherungen im All
Seit nunmehr mehr als zehn Jahren ist SCHURTER der einzige Lieferant von Sicherungen für Space-Anwendungen bei der ESA. Mit zwei Sicherungsfamilien (MGA-S und HCSF) deckt das weltweit operierende Schweizer Technologieunternehmen alle aktuellen Anforderungen für geostationäre Satelliten ab. Die enge Vernetzung und jahrelange Zusammenarbeit mit der Raumfahrtindustrie führen zu einem hohen Fachwissen um die Probleme und mögliche Lösungen in diesem Segment.

Neue Bedürfnisse
Mit dem Eintritt neuer Player in den Orbit und einer regelrechten Industrialisierung der Satellitentechnologie kommen neue Bedürfnisse auf, denen SCHURTER mit den geeigneten Produkten begegnet. Standardkomponenten ab Lager sind gefragt. Aus der Produktion von vollqualifizierten Sicherungen für die Raumfahrt werden neu auch teil- oder nichtqualifizierte Bauteile angeboten, welche ähnlich der Automotive-Norm IATF16949 zusammen mit dem Kunden spezifisch und nach vereinbarten AEC-Q200-Kriterien hergestellt und geliefert werden. Damit können zuverlässige und kostengünstige Sicherungen für höchste Anforderungen bereitgestellt werden. 

OTS-Optionen
Die brandneue Sicherung MGA-A wurde gezielt für die „industrielle“ Aviatik und Satelliten-Technologie entwickelt. Der technische Aufbau entspricht jenem der Raumfahrtsicherung MGA-S. Die MGA-A verzichtet komplett auf eine bleihaltige Beschichtung und setzt an dessen Stelle auf Gold. Vergoldete Endkappen bieten weder Whisker noch Dendriten irgendeine Angriffsfläche. Solche kristalline Zinn-Dendriten und Whisker stellen in der hochverdichteten Elektronik ein erhebliches Risiko für Kurschlüsse dar.
Ebenfalls eine höchst interessante Option stellt die HCF dar. Die HCF ist eine überaus robuste Hochleistungssicherung für hohe Nennströme in Dünnfilmtechnik, welche in aufwändigst selektierter Form als HCSF an die ESA geht.

Thermo- und Kombi-Sicherungen
Die Kompetenzen und Erfahrungen von SCHURTER liegen aber auch auf zahlreichen weiteren Gebieten der Leistungselektronik. So werden Thermo- und Überstromsicherungen bzw. deren Kombination angeboten. SCHURTER Sicherungen finden sich überall dort, wo höchste Zuverlässigkeit und Langlebigkeit gefordert sind.

 

 

Quelle: White Paper SCHURTER AG


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