Durchgängig digital Industrie
4.0 hält Einzug im Schaltschrankbau

02.10.2019 | Der Schaltanlagenbauer Westermann in Minden erprobt neue Wege, um die Planung und Fertigung von Schaltschränken im Betrieb zu digitalisieren. Weidmüller ist Teil eines Unterstützernetzwerks und schafft mit seinen digitalisierten Produktdaten gute Voraussetzungen für die effiziente Fertigung von Schaltanlagen in Stückzahl eins.

Kerngeschäft der rund 70 Mitarbeiter der Schaltanlagenbau GmbH H. Westermann sind die Entwicklung und der Bau von Steuerungsschränken für die Automobil-, Holz-, Öl- oder Gasindustrie. Neben dem Bau von klassischen Schaltschränken erstellt die Engineering-Abteilung auf Kundenwunsch auch SPS-Programme sowie Visualisierungen und übernimmt die Projektierung und weltweite Inbetriebnahmen. Darüber hinaus haben die Mindener Verteilungsbau, Kabelkonfektionierung, Projektierung, Programmierung und Komplettlösungen im Angebotsportfolio.

 

»Jeder Schaltschrank wird in der Regel individuell
für eine Maschine oder Anlage entwickelt und gefertigt«
Heinz-Dieter Finke, technischer Geschäftsführer bei Westermann

 


Unikate sind der Standard
In der Regel werden die Schaltschränke in Losgrösse eins gefertigt. Der technische Geschäftsführer Heinz-Dieter Finke erläutert: „Jeder Schaltschrank wird individuell für eine Maschine oder Anlage entwickelt und gefertigt. Und wenn es die Anlage nur einmal gibt, ist auch der Schaltschrank ein Unikat.“ Entsprechend hoch ist der Aufwand für seine Mitarbeiter, sich jedes Mal wieder neu mit den Stromlaufplänen, Verkabelungsdiagrammen, Konstruktionsplänen und der Dokumentation einzelner Komponenten vertraut zu machen. Erschwert wird diese Situation dadurch, dass eine gemeinsame digitale Datenbasis für die unterschiedlichen Stationen im Lebenszyklus des Schaltschranks, wie Elektrokonstruktion, Bau, Inbetriebnahme, Test, Auslieferung und Betrieb, noch nicht existiert. 

Digitales Pilotprojekt

Digitales Pilotprojekt
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Die Produkte von Weidmüller, hier maxguard, sind mit WMC leicht konfigurierbar. Die digitalen Daten stehen über standardisierte Schnittstellen zur Weiterverarbeitung zur Verfügung.
Die Geschäftsführer von Westermann wollten diesen Zustand nicht länger hinnehmen. Sie sagten daher nur zu gerne zu, als sie 2015 eine Anfrage für ein Pilotprojekt zur Einführung eines digitalen Workflows im Schaltschrankbau erreichte. Uwe Friedrichs, kaufmännischer Geschäftsführer, erinnert sich: „Über die Weidmüller Akademie kamen wir in Kontakt mit dem Projekt ‚Digital in NRW – Das Kompetenzzentrum für den Mittelstand‘. Diese Initiative ist Teil des Förderschwerpunkts ‚Mittelstand-Digital‘ des Bundesministeriums fu¨r Wirtschaft und Energie (BMWi).“

Forschungspartner von Westermann sind das Fraunhofer-Institut für Entwurfstechnik Mechatronik IEM, die Universität Bielefeld sowie der Software Innovation Campus der Universität Paderborn. Unterstützt wird das Projekt „Digitalisierung im Schaltschrankbau“ von einem Begleitkreis, der sich aus Vertretern verschiedener Unternehmen, darunter Weidmüller, zusammensetzt. Sie liefern fachliches Know-how für Komponenten, Software und Prozesse im Bereich Schaltschrankbau.

Ziel: durchgängige Daten

Ziel: durchgängige Daten
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Digitale Pioniere: technischer Geschäftsführer Heinz-Dieter Finke (links) und kaufmännischer Geschäftsführer Uwe Friedrichs
Zwei Themen standen bei dem Digitalisierungsprojekt im Vordergrund. Zum einen haben die Projektpartner Konzepte zur Datendurchgängigkeit von der Projektierung bis in die Fertigung erarbeitet, die nun Schritt für Schritt umgesetzt werden. Uwe Friedrichs: „In dem Projekt haben wir erste Grundlagen geschaffen, um die Digitalisierung strukturiert anzugehen. Wir haben gelernt, dass wir in Zukunft auch vermehrt unsere Kunden und Zulieferer einbinden müssen, um die Prozesse zu digitalisieren.“

Als aussichtsreichstes Testfeld für die Digitalisierung wurde die Verdrahtung im Schaltschrank identifiziert. Diese macht rund 50 Prozent des Aufwands im Prozess aus. Die Mitarbeiter von Westermann haben den Einsatz von Tablets in der Fertigung erprobt.

Ziel ist es, dass die Schaltpläne nicht mehr ausgedruckt werden müssen, sondern am Arbeitsplatz als digitale Montageanleitung bereitgestellt werden. Wenn die Daten in Zukunft durchgängig in guter Qualität zur Verfügung stehen, können damit noch zahlreiche weitere Schritte wie die digitale Auftragsverfolgbarkeit unterstützt werden. Uwe Friedrichs: „Wir wollen alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mitnehmen. Uns ist es wichtig, die Veränderungen gemeinsam zu bestreiten und das interne Feedback mitzuberücksichtigen.“

Weidmüller steuerte zusammen mit den anderen Industriepartnern die umfangreiche Praxiserfahrung aus der Bestückung von Schaltschränken bei. Diese konnten die Forschungseinrichtungen als Ausgangspunkt für ihre Prozessanalysen nutzen. So fand auch ein Projekttreffen in den Räumen von Weidmüller statt. Mit der Bereitstellung des digitalen Zwillings für ihre Produkte schaffen die Detmolder die Voraussetzungen für durchgängige digitale Wertschöpfungsketten. So lassen sich die 3D-Daten der Reihenklemmen direkt in die E-Konstruktionsprogramme einlesen.
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