Digitales Retrofit reduziert Ausschuss

Digitales Retrofit reduziert Ausschuss
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30.08.2021 | Mit einem Retrofit des Maschinenparks ist es der Kander-Paletten und Holzbau AG in Reichenbach gelungen, die Ausschussquote um über 90 Prozent zu reduzieren. Die Betriebssicherheit der erneuerten Anlagen garantiert dabei das Wago-Connectivity-Portal.

Paletten sind ein gewöhnlicher Alltagsgegenstand. Entsprechend umkämpft ist der Markt. «Wem es ausschliesslich um den Preis geht, der kauft seine Ware in Polen ein», sagt Geschäftsführer Lukas Bettschen von Kander-Paletten. Daher produziert das von ihm in fünfter Generation geführte Familienunternehmen ausschliesslich für den heimischen Markt. «Es gibt zum Glück immer noch viele Unternehmen, denen es wichtig ist, ihre Produkte auf einer Schweizer Palette zu versenden», sagt er. Diese Verbundenheit garantiert ihm einen jährlichen Absatz von rund 200‘000 Euro- und Einwegpaletten.

 

Allerdings ändert diese Treue nichts am Preisdruck! Daher stellte sich für ihn eines Tages die Frage, ob er den in die Jahre gekommenen Maschinenbestand erneuern und damit ein grosses finanzielles Wagnis eingehen oder diesen einfach auffrischen soll? «Da die Maschinen in einem sehr guten Zustand waren, haben wir uns für ein Retrofit entschieden», so Lukas Bettschen. Mit der Erneuerung beauftragte er den langjährigen Partner, die Schranz Elektronik GmbH aus Wimmis.


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Sämtliche Arbeitsschritte sind nach dem digitalen Retrofit visualisiert und erlauben es so dem Maschinenbediener, bei Störungen sofort zu reagieren.

Brecheisen wichtigstes Werkzeug des Operators


«Vor dem Umbau musste vieles von Hand eingestellt werden, weshalb der Operator fast schon ein Spezialist sein musste, um Paletten bauen zu können», erinnert sich Bruno Schranz. Aufgrund des geringen Automationsgrades sei es mitunter auch zu Situationen gekommen, die es so eigentlich überhaupt nicht geben dürfte. «Wenn es ein falsches Brett einzog und sich dieses verklemmte, stoppte der Motor erst, wenn der Schutzschalter auslöste», beschreibt er eine dieser Situationen: «Der Operator musste dann zunächst das verkantete Brett mit einem Brecheisen lösen und danach im Schaltschrank den Motorschutzschalter wieder zurücksetzen.»


Da sich dessen Türe aber nur bei ausgeschaltetem Hauptschalter öffnen liess, wurde diese Schutzvorrichtung irgendwann einmal einfach ausgehebelt. Da nun aber die Türe immer einen Spalt offenstand, sammelte sich im Schaltschrank mit der Zeit immer mehr Sägemehl und Staub an. Das führte in der Folge zu Störungen, weshalb es neuer Hardware bedurfte.


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Die Kufen der Paletten sind unterschiedlich breit. Nach der Erneuerung der Anlage ist nun garantiert, dass die richtigen Klötze und Kufen vernagelt werden.
Fehlerprüfung in den einzelnen Fertigungsschritten


Mit der Erneuerung des Schaltschranks verknüpfte Bruno Schranz gleich eine ganze Reihe von Automationsmassnahmen. Bevor Vor- und Hauptnagler die einzelnen Klötze und Latten zur Palette zusammenfügen, überprüft nun zunächst ein Wago-Controller, ob überhaupt, und wenn ja, die richtigen Bauteile bereitstehen? Diese Kontrolle verhindert nicht nur ein Verkanten falscher Hölzer, sondern garantiert zudem richtig zusammengesetzte Paletten. «Wenn früher eines der Magazine leer war, gab es keine Fehlermeldung», so Bruno Schranz: «Da wurde einfach leer nachgeschoben, was ebenfalls zu Ausschuss führte.»


Neben der Bereitstellung der richtigen Bauteile überprüft die Steuerung inzwischen auch das Nagelbild. Das ist insofern wichtig, da die mittlere und breitere Kufe einer Europalette anders genagelt wird als die äusseren, schmaleren Kufen. Und sollte sich beim Einzug wiedererwarten doch einmal eines der Hölzer verkanten, steht die Maschine, lange bevor es den Schutzschalter auslöst. Zudem bleibt dem Operator der Einsatz mit dem Brecheisen erspart. Er kann nun den Motor rückwärtslaufen lassen, was oft schon genügt, um einen starrsinnigen Klotz aus seiner misslichen Lage zu befreien.


Connectivity-Portal gestattet sicheren Fernzugriff


Obwohl es im erneuerten Maschinenpark kaum noch zu Störungen kommt, ist dieser seit 2018 ans Connectivity-Portal von Wago angebunden. Dieses erlaubt es Bruno Schranz jederzeit auf den Maschinenpark zuzugreifen. Den grossen Vorteil dieser Lösung sieht er in der direkten, aber dennoch geschützten Verbindung. Statt sich ins Netzwerk des Holzbearbeiters einzuloggen, trifft er sich mit dessen angebundenen Geräten in der Cloud. Dort hat er auf alle relevanten Daten Zugriff, ohne dabei im LAN-Netzwerk seines Kunden zu sein.


Die Verbindung über die Cloud ist mit keinerlei Nachteilen verbunden. «Ich kann die Visualisierung aufrufen und mit dieser interagieren, ich kann Programme ansehen und an diesen Korrekturen oder Änderungen durchführen und Updates für die Firmware der Wago-Controller aus der Ferne aufspielen.» Dabei begeistert ihm vor allem die Einfachheit, mit der das geschieht. Er muss sich hierzu weder mit der Adressierung von Ports befassen noch irgendwelche Parameter aufwendig bearbeiten. «Ein Grossteil dieser Arbeiten ist im Controller hinterlegt, weshalb nur das VPN-Konfigurationsfile eingerichtet werden muss», lobt er die einfache Bedienung. Wie leicht das geht, macht er an einem Beispiel deutlich: «Beim ersten Mal habe ich für die Einrichtung 90 Minuten benötigt, inzwischen ist das noch eine Angelegenheit von knapp einer Viertelstunde.»


Hohe Mitarbeiterzufriedenheit


Und wie ist Geschäftsführer Lukas Bettschen von der Kander-Paletten und Holzbau AG mit seiner aufgefrischten Anlage zufrieden? «Mit dem Retrofit konnten wir unsere Qualität deutlich verbessern», sagt er. Das bestätigen ihm auch seine Mitarbeiter, die im überholten Maschinenpark zur Höchstform auflaufen. Die Mitarbeiterzufriedenheit ist aber nur ein Aspekt, ein anderer ist die deutlich gesunkene Fehlerquote. Mit dem digitalen Retrofit konnte das im Kanton Bern ansässige Unternehmen seine Ausschussquote um über 90 Prozent reduzieren.



» Kander-Paletten und Holzwerk AG
» Schranz Elektronik GmbH


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