Berührungsloser Austausch

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Mobile Geopalette mit Motoraum-Bauteil
15.02.2018 | Induktive Koppler BIC in Verbindung mit IO-Link • Bei der Energie- und Datenübertragung ersetzt Ford Stecker gegen Luftspalt

Produktabkündigungen regen mitunter Innovationen an: 17 mobile Geopaletten agieren bei Ford in Köln innerhalb einer Schweißlinie. Beim Andocken an die Basisstationen werden Energie und Daten nicht mehr per anfälliger Steckerverbindung, sondern mit induktiven Kopplermodulen über einen Luftspalt übertragen. Die Testphase mit einer Blindpalette verlief absolut fehler- und ausfallsfrei. Für Ford der Anlass, künftig weitere Produktionslinien mit dem verschleißfreien, auf IO-Link basierenden Kopplersystem von Balluff auszustatten. Das sorgt für stabile Prozesse und erhöht die Anlagenverfügbarkeit.

Moderne Anlagenkonzepte zeichnen sich unter anderem dadurch aus, dass Hardware- zunehmend durch Softwarelösungen ersetzt werden und das Handling der Prozessdaten einfacher und transparenter wird. Unterstützt werden solche Lösungen immer häufiger durch den einfach handhabbaren Kommunikationsstandard IO-Link, der als Enabler für produktive Industrie-4.0-Konzepte gilt. Doch der Reihe nach: Fertigungslinien in der Automobilbranche sind hochgradig vernetzt und komplex. Bis diese komplett ausgetauscht werden, vergehen nicht selten Jahrzehnte. Vor dem Hintergrund des rasanten technologischen Wandels findet Innovation nichtsdestotrotz punktuell an den unterschiedlichsten Stellen entlang der automobilen Fertigungskette statt.


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Bereit zum Austausch: Zwei Eingangsmodule versorgen die Geopalette mit Energie und Daten, ein Ausgangsmodul überträgt Daten vom Mobilteil an die SPS
Seit Mai 2017 rollt bei Ford in Köln der neue Ford Fiesta vom Band: Zwei Fahrzeuge alle 68 Sekunden, ein Topwert in der Branche und Kennzeichen für ein hohes Maß an Produktivität. Die technischen Voraussetzungen für den Launch des neuen Modells wurden bereits im Vorfeld geschaffen. Im Maschinen- wie im Fahrzeugbau ist es dabei gang und gäbe, dass über Jahre eingesetzte Produkte unter Verweis auf die verbleibende Restlaufzeit abgekündigt werden. Für die verantwortlichen Ingenieure das Signal, entweder auf ein Konkurrenzprodukt umzusteigen oder neue, optimalere Lösungen anzudenken.

In einer der automatisierten Schweißlinien bei Ford bewegen sich 17 Geopaletten im Rundlauf unabhängig von der Steuerung durch die Anlage. Jede Palette führt eine Ventilinsel sowie einen Busknoten mit sich, der an drei Dockingstationen über einen Buskoppler mit dem Anlagenbus und der SPS verbunden wurde. Im Zuge der automatisierten Fertigung des Motorraum-Modules sorgen Führungsdorne dafür, dass die pneumatischen und elektrischen Kopplersysteme von mobiler Palette und Basisstation exakt zueinander finden. Die eingespeiste Druckluft spannt das Werkstück bestehend aus Querträger und Radläufen auf. Über einen Rundsteckverbinder werden Energie und Daten übertragen.

Soweit der Aufbau bis vor wenigen Jahren. Im Jahr 2014 kündigte der Steckerhersteller das elektrische Kontaktierungsmodul ab, adäquater Ersatz war gefragt. Mit 30 Pins war die Steckermechanik seit jeher verschleißanfällig. Brach einer der Stifte ab, zog dies im betroffenen Segment Stillstandszeiten nach sich. Ersatz durch ein vergleichbares Produkt eines Marktbegleiters stand nicht zur Debatte, Ford zeigte sich gegenüber innovativen, nicht mechanischen Lösungen aufgeschlossen. „Seit vielen Jahren verbindet Ford und Balluff eine enge Projektpartnerschaft. Als wir von der Problemstellung erfuhren, war dies der Anlass zur Vorstellung unserer Lösung: Balluff Induktivkoppler over IO-Link!“, erinnert sich Ulrich Balwanz, Key Account Manager Automotive bei Balluff. Deren Vorteil: Sowohl Energie als auch Daten werden über einen Luftspalt vollkommen berührungslos übertragen. Mechanischer Verschleiß und Kabelbruch sind passé, die Einheiten schnell montier- und handhabbar sowie gänzlich wartungsfrei. Hier kommt IO-Link ins Spiel: In Verbindung mit der vielseitigen Kommunikationsschnittstelle können Daten in beide Richtungen übertragen werden. SPS bzw. Master und Device tauschen ungehindert Event-, Parameter- und Prozessdaten aus. Dank IO-Link sind Installation und Inbetriebnahme denkbar einfach. Die Anbindung von Aktorik und Sensorik an den IO-Link-Master erfolgt über standardisierte Kabel mit M12-Steckverbindern. Das System verhält sich dabei quasi unsichtbar und muss nicht parametriert werden. „Empowered by IO-Link“ ist das induktive Kopplersystem quasi aus dem Stand kommunikationsfähig.


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Geschützte, auf der Geopalette mitfahrende Balluff IO-Link-Master und Sensorhubs
„Wir haben alternative Systeme und Anbieter geprüft, am Ende fiel die Wahl vor allem aufgrund der hohen Zuverlässigkeit und Robustheit auf die IO-Link Kopplersysteme von Balluff“, sagt Michel Dang, Ingenieur für Produktionstechnik bei Ford. Um die Prozesstauglichkeit der neuen Systeme zu testen, stattete Ford zunächst nur eine Palette sowie eine Dockingstation mit Induktivkopplern, einem mitfahrenden IO-Link Sensorhub sowie mit einem Ethernet IO-Link-Master an der jeweiligen Docking-Station aus. Die Blindpalette fuhr ohne Produktionsfunktion im System mit und simulierte an der entsprechend ausgestatteten Station ein digitales Eingangssignal, das der SPS nur zur Diagnose diente. „Nach einem monatelangen Probebetrieb und bis zu 3.000 Docking-Vorgängen pro Tag hat das System nicht einen einzigen Fehler des Diagnosesignals detektiert. Das war überzeugend und sprach klar für den weiteren Systemausbau“, ergänzt Michel Dang.

Inzwischen ist eine Schweißlinie komplett mit dem induktiven Kopplersystem von Balluff ausgestattet. An drei Dockingstationen sind jeweils zwei Eingangs- und ein Ausgangsmodul installiert, auf jeder der 17 mobilen Geopaletten befinden sich die drei Koppler-Pendants. Dockt eine Palette an einer der drei Basisstationen an, wird nach wie vor eine mechanische Koppelung zur Druckluft-Einspeisung hergestellt. Die Energiezufuhr und der Austausch von Daten hingegen erfolgen berührungsfrei und unsichtbar. Dabei darf der Luftspalt bis zu 8 Millimeter, die horizontale Überlappungsabweichung der Koppler-Paare gar bis zu 30 Prozent betragen, ohne dass dies die Qualität der Signalübertragung beeinträchtigt.

Die komplette Aktorik der Geopalette wie Ventilinsel, Näherungsschalter, Auflage- und Positionierungssensorik ist über einfach steckbare Standardkabel an den Sensorhub mit 16 Ein- oder Ausgängen angebunden. Erst wenn die Verbindung mit der Dockingstation hergestellt ist, die Anlagensteuerung den korrekten Sitz und die sichere Aufspannung des Werkstücks detektiert, erhält der Schweißroboter die Aktionsfreigabe. Nach abgeschlossenem Produktionsschritt wird das Bauteil ausgespannt, die Palette erhält das OK zur Weiterfahrt. Dieser Vorgang wiederholt sich pro Station und Tag mehrere tausend Mal, die berührungslosen Kopplersysteme zeigen sich davon unbeeindruckt. „Das induktive Kopplersystem von Balluff hat nachgewiesen, dass es im harten industriellen Alltag bestehen kann. Wir planen aktuell, das System auch bei einer weiteren Schweißlinie mit 21 Geopaletten einsetzen“, sagt Michel Dang. Darüber hinaus sind entlang der Produktionskette bei Ford noch zahlreiche weitere Einsatzorte denkbar, an denen bislang mechanische Steckkontakte ihren Dienst versehen.

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