Schnelltest für Blutvergiftung

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Antibiotikakrise: Nanopartikel als Therapie-Ratgeber

Schnelltest für Blutvergiftung
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Antibiotika-resistente Staphylokokken (gelb) werden von einer weissen Blutzelle bekämpft (blau). Bild: Elektronenmikroskopie (NIAID), digital koloriert (Empa)
Archiv | 10.06.2023 | Bei einer Blutvergiftung müssen die Bakterien im Blut so schnell wie möglich identifiziert werden, um eine lebensrettende Therapie starten zu können. Empa-Forschende haben nun «Sepsis-Sensoren» mit magnetischen Nanopartikeln entwickelt, die Keime innert Kürze erkennen und Kandidaten für eine wirksame Antibiotika-Therapie ermitteln.

Für Qun Ren zählt jede Minute. Die Empa-Forscherin und ihr Team entwickeln derzeit ein Diagnose-Verfahren, mit dem eine lebensgefährliche Blutvergiftung mit Staphylokokken-Bakterien im Eiltempo erkennbar wird. Denn eine derartige Staphylokokken-Sepsis verläuft in bis zu 40 Prozent der Fälle tödlich. Begonnen hat eine Infektion mit den kugelförmigen Bakterien möglicherweise als lokale Hauterkrankung oder Lungenentzündung. Sind die Staphylokokken im Verlauf einer Sepsis einmal in die Blutbahn ausgeschwärmt, drohen schwere Komplikationen. Es gilt nun, die Erreger schnellstmöglich zu identifizieren und passende Antibiotika für die Behandlung zu wählen. Ausschlaggebend für die Überlebenschancen der Betroffener ist dies insbesondere, da Staphylococcus aureus-Stämme unempfindlich gegen verschiedene Antibiotika sein können (siehe Box). «Wenn für ein Diagnoseverfahren die Bakterien in einer Blutprobe erst vermehrt und angereichert werden müssen, geht wertvolle Zeit verloren», erklärt Qun Ren, Gruppenleiterin am «Biointerfaces»-Labor der Empa in St. Gallen. Qun Ren und Teamkollege Fei Pan suchten daher gemeinsam mit Forschenden der ETH Zürich nach einem Weg, den langwierigen Zwischenschritt zu umgehen.

Aus dem Blut gefischt

Aus dem Blut gefischt
Die Magnet-Nanopartikel (rot) binden spezifisch an die rund 1 µm grossen Bakterien (gelb) (Elektronenmikroskopie digital koloriert). Bild: Empa

Nun hat das Team ein Verfahren mit magnetischen Nanopartikeln entwickelt, die sich an Staphylokokken binden können. Über ein Magnetfeld lassen sich die Bakterien so spezifisch nachweisen. In einem nächsten Schritt wird die Empfindlichkeit auf Antibiotika mit einem Chemilumineszenz-Verfahren analysiert. Sind resistente Bakterien im Reagenzglas, strahlt die Probe Licht ab. Lassen sich die Keime hingegen mit Antibiotika abtöten, bleibt es dunkel im Reaktionsgefäss. «Alles in allem dauert der Sepsis-Test rund drei Stunden – im Vergleich zu mehreren Tagen bei einer klassischen Anzucht von Bakterienkulturen», so Fei Pan.

 

Ein weiterer unangenehmer Vertreter aus dem Bakterienreich ist Pseudomonas aeruginosa. Das Stäbchenbakterium kann diverse Krankheiten hervorrufen, darunter Infektionen des Harntrakts beispielsweise über einen Harnkatheter bei einem Spitalaufenthalt. Derartige Infektionen können sich in der Folge zu einer gefährlichen Sepsis entwickeln. Und auch diese Erreger sind häufig resistent gegen diverse Antibiotika.

 

Hier kommt ein weiterer Vorteil der Magnet-Nanopartikel zum Einsatz: Das Verfahren kann ähnlich einem Baukasten auf weitere Bakterienarten massgeschneidert werden. Auf diese Weise konnten die Empa-Forschenden einen schnellen «Sepsis-Sensor» mit magnetischen Nanopartikeln entwickeln. In Proben mit künstlichem Urin identifizierte das Verfahren die Bakterienart und ermittelte mögliche Resistenzen gegen Antibiotika über eine Chemilumineszenz-Reaktion.

 

Bislang haben die Forschenden den «Magnet-Nanopartikel-Baukasten» für Sepsis und Harnwegsinfektionen mit Laborproben evaluiert. «In einem nächsten Schritt möchten wir die Sepsis-Tests gemeinsam mit klinischen Partnern validieren, indem wir Proben von Patientinnen und Patienten auswerten», so Empa-Forscherin Qun Ren.


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