PMI: Höhere Energiekosten als Herausforderung

PMI: Höhere Energiekosten als Herausforderung
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Archiv | 09.04.2022 | Der procure.ch Purchasing Managers’ Index (PMI) hat seinen moderaten Abwärtstrend vorerst gebremst. Die Produktion hat zugenommen, die Auftragsbücher sind weiterhin voll, und der Personalaufbau dauert an. Bislang scheinen sich der Krieg in der Ukraine und die Sanktionen gegen Russland nicht spürbar auf die Schweizer Industriekonjunktur auszuwirken. Steigende Preise und insbesondere steigende Energiepreise sind hingegen eine grosse Herausforderung. Rund jedes fünfte befragte Industrieunternehmen befürchtet aufgrund der gestiegenen Energiepreise Produktionsausfälle in den nächsten sechs Monaten, 23% der Betroffenen erwarten sogar derart gravierende Ausfälle, dass Kurzarbeit droht.

Der mehr auf den Binnenkonsum ausgerichtete Dienstleistungssektor hat im März derweil etwas an Schwung eingebüsst. Der Dienstleistungs-PMI liegt aber weiterhin deutlich über der Wachstumsschwelle. Auch im Dienstleistungssektor steigen die Preise verbreitet an.

 

Der procure.ch Purchasing Managers’ Index (PMI) für die Industrie notierte im März mit 64.0 Zählern weiterhin deutlich über der Wachstumsschwelle. Mit einem Plus von 1.4 Indexpunkten hat der Industrie-PMI im Vergleich zum Februar sogar zugenommen. Damit wird der Abwärtstrend seit dem Höchststand von 70.0 Punkten im Juli 2021 vorerst gebremst – trotz Krieg in der Ukraine und Sanktionen gegen Russland. Die Produktion ist verbreitet gesteigert worden, und der Auftragsbestand hat sich weiter verbessert. Zudem hat der Personalaufbau angedauert, wenn auch mit etwas geringerer Dynamik als im Vormonat.

 

Längere Lieferfristen überzeichnen gute Lage nur leicht
Ebenfalls zugenommen haben die Lieferfristen. Der Anstieg dieser Subkomponente ist indes nicht ganz eindeutig zu interpretieren: Einerseits deuten längere Lieferfristen auf eine bessere Kapazitätsauslastung hin, weshalb ein Anstieg positiv in den Gesamt-PMI einfliesst. Anderseits sind längere Lieferfristen derzeit wohl eher Ausdruck von Problemen in den Lieferketten und wären damit eigentlich negativ zu bewerten. Weil die Subkomponente nur mit einem Gewicht von 20% in den Gesamtindex einfliesst und der Anstieg der Subkomponente mit 1.9 Punkten vergleichsweise gering war, sind die Folgen dieser Ungereimtheit für die Veränderung des Industrie-PMI begrenzt (0.3 Punkte).


Spezialfragen zu Energiepreisen zeigen Ausmass der Herausforderung
Klar ist derweil, dass die gestiegenen Preise und insbesondere die höheren Energiepreise eine grosse Herausforderung darstellen. 91% der teilnehmenden Unternehmen melden höhere Einkaufspreise. Trotz höheren Preisen wurden die Einkaufslager aufgestockt – was ein Zeichen einer gewissen Sorge vor noch höheren Preisen oder aufkommenden Lieferengpässen ist. Gemäss Sonderfragen zu den gestiegenen Energiepreisen befürchtet jedes fünfte Industrieunternehmen angesichts der Preisanstiege Produktionsausfälle in den nächsten sechs Monaten, 23% der Betroffenen erwarten sogar derart gravierende Ausfälle, dass Kurzarbeit droht.


Das Gros der Unternehmen hat derzeit planbare Gas- und Strompreise
Nur rund die Hälfte der befragen Unternehmen kauft Strom am Grossmarkt ein und ist dadurch den globalen Preisschwankungen direkt ausgesetzt, bei Gas ist es sogar nur rund jedes vierte. Und die Mehrheit der Unternehmen, die am Grossmarkt einkaufen, sichert sich zudem mittels längerfristigen Verträgen gegen Preisschwankungen ab; bei Strom verfügt mehr als ein Drittel über Verträge mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr und 43% über solche von mehr als einem Monat bis zu einem Jahr. Bei den Gasbezügern am Grossmarkt sind die Absicherungen etwas weniger lang: 13% verfügen über eine Fixierung über ein Jahr, 38% über eine, die länger ist als ein Monat, und 22% sichern sich bis zu einem Monat ab. Das Gros der Unternehmen ist damit bis auf Weiteres recht gut gegen die aktuellen Preisausschläge geschützt, weil es nicht am Grossmarkt einkauft oder sich längerfristig absichert.

Konzept des PMI

Das Konzept des PMI ist einfach und wird in den USA seit über 50 Jahren mit Erfolg angewandt. Für die Schweizer PMI Industrie und Service liefern über 300 Einkaufsmanager mit ihren monatlichen Angaben anhand eines standardisierten Online-Fragebogens die Basis zum Index. Sie geben an, wie sich die Performance im laufenden Monat im Vergleich zum Vormonat verändert hat. Die Fragen sind qualitativer Art, d.h. die Einkaufsmanager schätzen ein, ob das Aktivitätsniveau höher, gleich oder tiefer liegt als im vorhergehenden Monat. Credit Suisse Economic Research kommentiert und analysiert die aggregierten Antworten.


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