Paradoxer Effekt
Das neue Material ist im Grunde ein Gel, also relativ weich und nachgiebig. Unter dem Einfluss von Vibrationen wird es bis zu 66 Mal fester. "Jedes andere Material wird schwächer, wenn es vibriert. Wir sind die Ersten, die dieses Verhalten umkehren und zeigen, dass sich ein Material durch mechanische Vibration verstärken kann", so Esser-Kahn.
Er und sein Team hatten die Idee, piezoelektrisch aktive Werkstoffe in das Gel zu integrieren. Diese erzeugen elektrische Energie, wenn sie unter Druck geraten. Bekannt ist der Effekt aus Feuerzeugen. Bei Drücken des Auslösers wird das Kristall zusammengepresst. Die dabei frei werdende Energie entlädt sich in einem Funken. Dieser Effekt könnte innerhalb des Gels dazu führen, dass es sich neu ordnet, dachten die Forscher.
Piezoelektrische Wirkstoffe
Das Team hat Dutzende Materialkombinationen getestet, ehe es jene fand, die den gewünschten Effekt auslöste. Ein Kunststoffgel, dem sie Chemikalien aus der Thiole-Familie sowie als piezoelektrische Wirkstoffe Zinkoxidpartikel untermischten. Wird dieses Material Vibrationen ausgesetzt, löst die erzeugte elektrische Energie eine zusätzliche Vernetzung der Bestandteile aus. Die Folge ist eine Verstärkung.
Wichtig sei vor allem eine Verbesserung von Klebstoffen. "In vielen Fällen sind sie die Ursache für ein Versagen von Bauteilen", sagt Esser-Kahn. Klebstoffe auf der Basis des neuen Materials würden nicht versagen, wenn sie stark beansprucht würden, sondern ihre Haftwirkung noch verstärken. Man könne sich sogar vorstellen, Gebäudeteile damit auszustatten. Diese würden dann mit dem Alter immer stabiler. (pte)