Die Erforschung und Entwicklung von elektrochemischen Energiespeichern gehören weltweit zu den aktivsten Arbeitsgebieten der Materialwissenschaften. Mit dem rasant wachsenden Bedarf an leistungsfähigen Batterien für zahlreiche Anwendungsgebiete nimmt das Interesse an den erreichbaren Ladekapazitäten und -geschwindigkeiten zu. Ebenso wird das Augenmerk auf die Lebensdauer, die Sicherheit und die Verfügbarkeit der stofflichen Ressourcen sowie die CO2-Bilanz größer. Vor diesem Hintergrund haben die Chemiker Prof. Dr. Jürgen Janek von der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) und Prof. Dr. Wolfgang Zeier von der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) Münster und dem Helmholtz-Institut Münster (HI MS; IEK-12) des Forschungszentrums Jülich die Entwicklungen der vergangenen zehn Jahre auf dem Gebiet der Festkörperbatterien unter die Lupe genommen. Dafür analysierten die Forscher den derzeitigen Stand der Technik und liefern eine kritische Betrachtung der Herausforderungen und offenen Fragestellungen, deren Bewältigung notwendig ist, um die Festkörperbatterie wettbewerbsfähig werden zu lassen. Diese kritische Einordnung der Technologie ist aktuell in der Fachzeitschrift Nature Energy veröffentlicht (review article).
Zum Hintergrund: Die Festkörperbatterie ist eine Weiterentwicklung der Lithium-Ionen-Batterie, deren Funktion gegenwärtig mit einem flüssigen, organischen Elektrolyten erreicht wird. In ihr soll ein fester Elektrolyt zum Einsatz kommen, was noch bessere Speichereigenschaften, längere Lebensdauern und erhöhte Sicherheit verspricht. Die Entwicklung von Festkörperbatterien wird seit etwa zehn Jahren durch intensive Forschungsarbeiten weltweit vorangetrieben.
„Es wird deutlich, dass das Konzept der Festkörperbatterie mittlerweile viele Varianten umfasst, deren Erfolg auch heute noch nicht sicher absehbar ist“, fasst Jürgen Janek den Stand der Entwicklung zusammen. Trotz der umfangreichen Aktivitäten in Forschungseinrichtungen und Industrieunternehmen gibt es bislang noch keinen messbaren Fortschritt gegenüber der etablierten Lithium-Ionen-Zelltechnologie mit flüssigen Elektrolyten, so ein Fazit der Wissenschaftler. Als entscheidende Herausforderungen benennen sie in der Analyse verschiedene Aspekte. So ist ein Kernpunkt die Entwicklung fester Elektrolyte, die bei möglichst geringer Lithiumkonzentration gleichzeitig höhere Batterieleistungen und Sicherheit gewährleisten. Außerdem wird ein Anodenmaterial höchster Kapazität benötigt, das ein geringeres Volumen und Gewicht der Batterie ermöglicht. Generell seien neue Ansätze in der Materialforschung durch die Kombination von Theorie und Experiment und vor allem durch die Zusammenarbeit möglichst diverser Disziplinen wichtig. „Unser Ausblick ist optimistisch. Festkörperbatterien werden zweifellos die Kommerzialisierung erreichen. Es bleibt aber offen, wann und in welchem Umfang“, sagt Wolfgang Zeier.
Bereits 2016 analysierten Prof. Dr. Jürgen Janek und Prof. Dr. Wolfgang Zeier, beide damals an der JLU tätig, die Perspektiven von Festkörperbatterien und veröffentlichten sie in Nature Energy. Diese Veröffentlichung wurde mittlerweile mehr als 2.000-fach zitiert und hat das Forschungsgebiet entscheidend mitgeprägt. In der neuen und umfassenderen Veröffentlichung in der gleichen Zeitschrift aktualisieren die beiden Autoren nun ihre Analyse. Waren 2016 noch viele grundsätzliche Fragen offen und weitgehend ungeklärt, so spielen nun zusätzlich Faktoren eine Rolle, die einerseits der technologischen Umsetzung geschuldet sind und andererseits die wichtigen Fragen der stofflichen Ressourcen und Kosten berühren.