Energiewende-Stromkabel und
selbstregenerierende Katalysatoren

Energiewende-Stromkabel und selbstregenerierende Katalysatoren
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Hauptpreis; CHF 10‘000; «Hivoduct» - luftisolierte Hochspannung für den Netzausbau der Zukunft.
Archiv | 08.04.2023 | Die Stiftung zur Förderung und Unterstützung technologieorientierter Unternehmungen Rapperswil (kurz: Stiftung FUTUR) hat am 27. März 2023 zwei Forschungsprojekte der OST - Ostschweizer Fachhochschule ausgezeichnet. Der Hauptpreis wurde für eine an der OST entwickelte, luftisolierte Stromleitung vergeben, die den künftigen Netzausbau unterirdisch ermöglichen kann. Mit dem Anerkennungspreis wurde ein neu entwickelter Katalysator ausgezeichnet, der sich selbst regenerieren kann und somit unter anderem die Wirtschaftlichkeit erneuerbarer Energieträger verbessern kann.

Bereits zum 19. Mal wurden die Innovationspreise der Stiftung FUTUR für Forschungsprojekte an der OST – Ostschweizer Fachhochschule vergeben. Seit 2004 zeichnet die Stiftung jedes Jahr ein bis zwei herausragende Projekte aus, die technisch einen enormen Innovationsschub für Industrie und Wirtschaft versprechen.


Bei der Preisverleihung honorierte Stiftungsratspräsident Dr. h.c. Thomas Schmidheiny die langfristige Forschungsausrichtung an der OST: «An Projekten wie den heute ausgezeichneten zeigt sich, dass in dieser Hochschule mehr als genug Leben ist, um zukunftsweisende, innovative Technologien entlang der aktuellen Bedürfnisse von Wirtschaft und Gesellschaft zu entwickeln». Erstaunlich finde er, dass durch die eng vernetzte Zusammenarbeit zwischen den Forschungsinstituten der OST und Unternehmens-Partnern immer wieder auch neue Innovationen in Technologiefeldern wie Hochspannung und Katalysatoren entstehen, die bereits seit Jahrzehnten erforscht werden.


Für dieses Jahr wurden insgesamt elf Forschungsprojekte an die Jury eingereicht. Durchsetzen konnten sich die folgenden beiden:

 

Hauptpreis; CHF 10‘000; «Hivoduct»
- luftisolierte Hochspannung für den Netzausbau der Zukunft


Ein Team des IET Institut für Energietechnik der OST um Prof. Dr. Michael Schueller hat eine luftisolierte Stromleitung entwickelt, die die Vorteile von Kabeln und Hochspannungs-Freileitungen kombiniert – sie kann unterirdisch verlegt werden und bietet genug Strom-Übertragungskapazität für künftige Netzausbau-Schritte. «Wir konnten damit eine verlustarme, unsichtbar verlegbare und einfach installierbare Lösung für den dringend nötigen Ausbau von Stromnetzen und für energieintensive Industrien entwickeln», so Schueller.


Für den viel diskutierten Umbau unseres elektrischen Energiesystems sind zukünftig mehr denn je starke elektrische Netze nötig. Ohne neue starke Netzverbindungen mit hoher Übertragungsleistung sind die gesetzten Ziele technisch nicht zu erreichen.


Der Netzausbau ist laut Schueller jedoch kein technisches, sondern ein gesellschaftliches Problem. Neue Leitungen stossen meist auf grossen Widerstand vor allem wenn es sich um eine Freileitung handelt. Alles an nötigem Ausbau «unsichtbar» unter Grund mit Kabeln zu realisieren damit der gesellschaftliche Widerstand kleiner ist, ist technisch keine gute Lösung da die Übertragungskapazität von Kabelsystemen in Vergleich zu Freileitungen vergleichsweise klein ist.


Das erfolgreiche Projekt setzt auf das Prinzip einer gasisolierten Leitung (GIL). Diese Technologie verbindet die Vorteile von Kabel- und Freileitungen, kann also unterirdisch verlegt werden und hat eine ausreichend grosse Übertragungskapazität. GIL kamen aufgrund des bis jetzt verwendeten Isoliergases SF6 nicht zum Einsatz, da SF6 ein etwa 23000 Mal stärkeres Treibhausgas ist als CO2.


Das Team des IET hat es geschafft, eine umweltverträgliche GIL zu entwickeln, die mit Luft statt mit SF6 betrieben werden kann. Wegen der viel schlechteren elektrischen Eigenschaften von Luft war das eine grosse Herausforderung. Entsprechend stolz ist das Team darauf, ein elektrisch funktionierendes Hochspannungsdesign mit Luft als Isolator entwickelt zu haben, obwohl Luft etwa achtmal weniger gut isoliert als SF6. Die Chancen stehen gut, dass diese Art von Stromleitungen eine wichtige Rolle im Netzausbau in der Zukunft einnehmen werden. Neben einer Pilotanlage im Zürcher Seefeld wird die neue Leitungstechnologie bereits in einer Hochstromanlage in Deutschland eingesetzt. Zudem planen die SBB den Einsatz in einem Umspannwerk.

 

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Anerkennungspreis; CHF 6‘000; «SelfCat» - der Katalysator, der sich selbst regeneriert.

Anerkennungspreis; CHF 6‘000; «SelfCat»
- der Katalysator, der sich selbst regeneriert


Prof. Dr. Andre Heel konnte sich bei der diesjährigen Preisverleihung über einen «kleinen Hattrick» freuen – er ist zum dritten Mal in Folge unter den FUTUR-Preisträgern vertreten. Er und sein Team für Advanced Materials & Processes haben einen selbstregenerierenden Katalysator entwickelt. Im Umwelt- und Energiesektor nehmen Katalysatoren eine Schlüsselrolle bei der Abgasreinigung und bei der Produktion von nachhaltigen Energieträgern wie synthetisches Kerosin oder Benzin ein. Durch hohe Temperaturen und Katalysatorgifte wie Schwefel werden aktuelle Katalysatoren mit der Zeit deaktiviert und müssen regelmässig ausgetauscht werden. Dadurch entstehen hohe wirtschaftliche Kosten, zudem muss für den Austausch der Katalysatoren der Betrieb in Anlagen regelmässig eingestellt werden.


Dem Team des UMTEC ist es mit SelfCat gelungen, dieses Problem zu lösen. Entwickelt wurde ein selbstregenerierender Katalysator, der an verschiedene Anwendungen wie z.B. die Abgasreinigung, PtX-Verfahren oder Brennstoffzellen & Elektrolyseure anpassbar ist. Für die revolutionäre Selbstregeneration reicht es, den Katalysator einem abwechselnden chemischen Stimulus aus Luft und Wasserstoff auszusetzen, um die mikrostrukturellen und katalytischen Degradationen rückgängig zu machen. «Etwas vereinfacht ausgedrückt reicht es also, wenn der Katalysator kurz bei hoher Temperatur gelüftet wird, um ihn in seinen Originalzustand zurückzuversetzen», so Heel. Danach sind die Katalysatoren wie neu, weisen wieder Hochleistungs-Umsätze auf und müssen nicht ausgetauscht zu werden, was die Umwelt und Rohstoffe schont.


Heel liess durchblicken, dass konkurrierende Forschungspartner Zweifel an dieser bahnbrechenden Innovation angemeldet hatten, so dass «wir extra zusammen mit dem Paul-Scherrer-Institut den Beweis an deren SuperXAS Beamline am SLS (Swiss Light Source) erbracht und publiziert haben», so Heel. Für verschiedene Katalysator-Typen im Temperaturbereich zwischen rund 300 bis 800 Grad reiche die für die Regeneration benötigte Zeitspanne von wenigen Millisekunden (z.B. bei Fahrzeug- und Kraftwerk-Katalysatoren) bis hin zu wenigen Stunden (z.B. für Katalysatoren in der Wasserstoffproduktion).


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