Zweithäufigstes Polymer
Chitin ist nach Zellulose das am zweithäufigsten vorkommende organische Polymer in der Natur. Das Exoskelett von Spinnen, Krebstieren, Insekten und Tausendfüßern besteht daraus. Fernandez hat die Bauteile, die er für seine Tests benötigt, aus den Panzern von Garnelen hergestellt. "Wir haben gezeigt, dass Chitinpolymere, auch nach ihrer Extraktion aus natürlichen Quellen, ihre Fähigkeit behalten, verschiedene Kräfte, molekulare Organisation und Wassergehalt zu verknüpfen, um mechanische Bewegungen zu erzeugen, ohne dass eine externe Stromquelle oder ein Steuerungssystem nötig ist."
Basismaterial ist ein Film, der gerade einmal 130,5 Mikrometer, also gut ein Zehntel Millimeter dick ist. Ähnlich wie bei den sich entfaltenden Flügeln von Schmetterlingen organisiert sich die kristalline Struktur der Chitinfilme durch Dehnung neu. Die Moleküle rücken dichter zusammen und der Wassergehalt nimmt ab. Umgekehrt dehnt sich der Film aus, wenn er Wasser aufnimmt. Diese Bewegung nutzt Fernandez für technische Zwecke, etwa zum Anheben von Gegenständen. Die Folie schafft es, ein 4,5 Kilogramm schweres Objekt emporzustemmen.
Einbau in mechanische Hand
Um die technische Anwendbarkeit der Folien zu demonstrieren, hat das Team sie in eine mechanische Hand integriert. Über die Kontrolle intermolekularen Wassers der Filme durch Umweltveränderungen und biochemische Prozesse haben die Forscher so viel Kraft erzeugt, dass Greifbewegungen möglich sind. Diese liegt bei 18 Kilopond, mehr als die Hälfte der durchschnittlichen Griffkraft eines Erwachsenen. Da Chitin biokompatibel ist, biete sich auch der Einsatz in der Biomedizin an, etwa in Form von künstlichen Muskeln, so Fernandez. Das Wasser-Management muss allerdings noch gelöst werden, heißt es.
In einer anderen Demonstration hat der Wissenschaftler gezeigt, dass sich die Reaktion des Materials auf Feuchtigkeitsänderungen nutzen lässt, um Strom zu erzeugen. Er hat hierzu die Folie an einem piezoelektrischen Material befestigt, das Strom erzeugt, wenn es zusammengepresst wird. Dieser elektrische Strom reicht etwa für die Versorgung von Sensoren für das Internet der Dinge aus, so Fernandez (pte)
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